Krebs in der Schweiz: Ein Überblick

Statistisch gesehen erkrankt in der Schweiz jeder fünfte Mensch vor dem 70. Lebensjahr an Krebs. Mit ca. 43’000Neuerkrankungen und 17’000 Todesfällen pro Jahr ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache im Land. Bei Männern zwischen 45 und 84 Jahren und Frauen zwischen 25 und 84 Jahren ist Krebs sogar die häufigste Todesursache.

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Allerdings gibt es Fortschritte: Im Vergleich zu 2017 hat sich die Krebssterblichkeit reduziert und Krebskranke haben durchschnittlich eine höhere Lebenserwartung.

Die nachfolgenden Daten stammen zu einem grossen Teil aus dem Krebsbericht 2021, der alle fünf Jahre durch das Bundesamt für Statistik (BFS), die Nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS) und das Kinderkrebsregister (KiKR) veröffentlicht wird.

Wie entsteht Krebs? -> Infobox

Krebs entsteht, wenn sich das Erbgut (die DNA) einer einzelnen Zelle verändert. Diese Veränderung kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, zum Beispiel durch genetische Prädisposition oder Einflüsse von aussen(z.B. Schadstoffe, Strahlung). Durch die Veränderung der DNA kommt es zu Störungen in den normalen Zellfunktionen, was zu einem unkontrollierten Wachstum der Zelle führt und in einem Tumor resultiert. Der Tumor kann lokal wachsen, in umliegende Gewebe eindringen (Infiltration) und Metastasen bilden, d.h. Tochtergeschwülste in anderen Organen des Körpers.

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Anstieg der Krebsneuerkrankungen in der Schweiz

Zwischen 2013 und 2017 wurden in der Schweiz pro Jahr durchschnittlich 23’100 neue Krebsfälle bei Männern und 19’650 neue Krebsfälle bei Frauen diagnostiziert. Dies entspricht einem Anstieg von 8,5% im Vergleich zum Zeitraum 2008-2012. Für das Jahr 2021 gingen Forscher von 48’300 Neuerkrankungen aus, was 2024 zu einem erneuten Anstieg führen könnte.

Über ein Vier-Jahres-Zeitraum (2016-2020) gesehen, lag die Krebsinzidenz, d. h. die Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr in der Schweiz bei 25’000 Männern (55 %) und bei 20’00 Frauen (45 %). Männer erkranken somit öfter an Krebs als Frauen.

Laut Krebsliga sind die vier häufigsten Krebsarten in der Schweiz:

  • Prostatakrebs: Die häufigste Krebsart bei Männern, mit ca. 30% aller männlichen Neuerkrankungen.
  • Lungenkrebs: Die zweithäufigste Krebsart bei Männern und Frauen, mit ca. 11% aller Neuerkrankungen bei Männern und 10 % bei Frauen.
  • Brustkrebs: Die häufigste Krebsart bei Frauen, mit 32% aller weiblichen Neuerkrankungen.
  • Darmkrebs: Die zweithäufigste Krebsart bei Frauen, mit ca. 10% aller weiblichen Neuerkrankungen. Auch bei bei Männern betreffen 10 % aller Krebserkrankungen den Dickdarm.

Zusammenhang zwischen Alter und Krebsprävalenz

Der Hauptrisikofaktor für eine Krebserkrankung ist das Alter. Die meisten Krebsneuerkrankungen treten im höheren Lebensalter auf, wobei das Risiko für Männer und Frauen variiert. Im Median sind Krebspatienten bei Erstdiagnose 66Jahre alt.

Jedoch ändert sich die Krebsprävalenz mit dem Alter. Während Kinder und Jugendliche deutlich öfter von Leukämie oder Hirntumoren betroffen sind, dominieren im Erwachsenenalter Darmkrebs, Prostatakrebs und Brustkrebs.

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Grosse Unterschiede bei den Krebsüberlebensraten

Die Überlebenschancen nach einer Krebsdiagnose variieren stark je nach Krebsart. Hodenkrebs, Hautmelanom, Hodgkin-Lymphome, Prostatakrebs, Schilddrüsenkrebs, Brustkrebs und lymphatische Leukämie haben die höchsten Fünf-Jahres-Überlebensraten von über 80%.

Demgegenüber liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate für Krebspatienten mit Tumoren der  Bauchspeicheldrüse, der Lunge, der Gallenblase -und wege sowie der Leber bei unter 30%.

Die verbesserten Überlebensraten führen zu einer steigenden Krebsprävalenz. Das bedeutet, dass immer mehr Menschen länger mit der Erkrankung leben. Zwischen 2006 und 2016 stieg die Zahl der Krebspatienten, die zehn Jahre oder länger nach der Diagnose noch leben, von rund 163’450 auf rund 210’350.

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Höchste Sterblichkeitsrate bei Lungenkrebs

Lungenkrebs ist mit 3’235 Todesfällen pro Jahr die häufigste krebsbedingte Todesursache, sowohl bei Männern, als auch bei Frauen. Und das, obwohl die Sterblichkeit bei Lungenkrebs in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist.

Die häufigsten krebsbedingten Todesfälle:

Männer:

  • Lungenkrebs (21%)
  • Prostatakrebs (14%)
  • Dickdarmkrebs (10%)

Frauen:

  • Brustkrebs (18%)
  • Lungenkrebs (18%)
  • Dickdarmkrebs (10%)

Rückgang der Sterblichkeit bei vielen Krebsarten

In den letzten 30 Jahren sind die altersstandardisierten Sterberaten an Krebs deutlich zurückgegangen:

  • Männer: -39%
  • Frauen: -28%

Dieser Rückgang ist bei den meisten Krebsarten zu beobachten.

Bei Prostatakrebs ist die Sterblichkeit zwischen 2013 und 2017 um 13% gesunken.

Auch bei ****Brustkrebs (-7%) und Darmkrebs (-13% bei Männern, -7% bei Frauen) im gleichen Zeitraum ist die Mortalitätsrate zurückgegangen.

Zunahme der Sterblichkeit bei Frauen

Früherkennung und Fortschritte in der Krebsforschung tragen allgemein zu sinkenden Todesraten bei. Allerdings sind in einigen Fällen Anstiege der Sterberate bei Frauen infolge von Krebs zu verzeichnen:

  • Leichter Anstieg der Sterberate bei Frauen an Lungenkrebs (+5%).
  • Zunahme der Mortalität bei Frauen an multiplem Myelom sowie Leberkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Gute Überlebenschancen, niedrige Neuererkrankungs- und Sterberaten

Im europäischen Vergleich schneidet die Schweiz im Bereich Krebs gut ab: Die Überlebensraten sind durchschnittlich, die Erkrankungs- und Sterberaten niedrig.

Neuerkrankungen:

  • Männer und Frauen: Die Schweiz hat im Vergleich zu 9 anderen europäischen Ländern insgesamt eine niedrige Rate an Neuerkrankungen an Krebs.
  • Hautmelanom: Eine Ausnahme bildet das Hautmelanom oder auch schwarzer Hautkrebs. Das Hautmelanom ist die gefährlichste Hautkrebsart und tritt in der Schweiz überdurchschnittlich häufig auf. Dadurch weist es eine überdurchschnittliche Neuerkrankungsrate auf.

Krebssterblichkeit:

  • Frauen: Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Krebssterblichkeit bei Frauen in der Schweiz niedrig.
  • Männer: Sechs der Vergleichsländer haben eine niedrigere Sterberate bei Männern als die Schweiz.

5-Jahres-Überlebensrate:

Hinsichtlich der 5-Jahres-Überlebensrate liegt die Schweiz im oberen Mittelfeld.

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Risikofaktoren für Krebserkrankungen

Die genaue Ursache einer Krebserkrankung lässt sich im Einzelfall oft nicht bestimmen. Jedoch zeigen epidemiologische Studien, dass verschiedene Faktoren die Entstehung von Krebs begünstigen können. Diese Faktoren lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen:

1. Verhaltensbedingte Risikofaktoren:

  • Rauchen: Rauchen ist der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für Krebs. Der Tabakrauch enthält zahlreiche krebserregende Stoffe, wodurch er fast überall im Körper Krebs verursachen kann. Dazu zählen Mund- und Rachenkrebs, Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Dickdarmkrebs, Enddarmkrebs, Leberkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Kehlkopfkrebs, Lungenkrebs, Luftröhrenkrebs, Bronchialkrebs, Nierenkrebs, Nierenbeckenkrebs, Harnblasenkrebs und Gebärmutterhalskrebs sowie akute myeloische Leukämie.
  • Alkoholkonsum: Übermässiger Alkoholkonsum kann ebenfalls das Risiko für verschiedene Krebsarten erhöhen, darunter Leberkrebs, Speiseröhrenkrebs, Darmkrebs und Brustkrebs. Je mehr Alkohol eine Person regelmässig und über einen längeren Zeitraum hinweg trinkt, desto höher ist ihr Risiko an Krebs zu erkranken. Eine französische Studie ergab, dass 2015 in Frankreich nahezu 28’000 neue Krebsfälle durch den Konsum von Alkohol bedingt waren. Dies entspricht 8 % der neuen Krebsfälle.
  • Ungesunde Ernährung: Oft kursiert der Mythos, dass rotes Fleisch zu einer Krebserkrankung führen kann. Dies trifft jedoch nur teilweise zu. Oft liegt es daran, dass Menschen, die viel (rotes) Fleisch essen, auch eher zu einer ungesünderen Ernährung neigen. Weiterhin können stark verarbeitete Lebensmittel und Getränke durch ihren hohen Anteil an Zucker und Natrium zu Übergewicht führen und somit das Krebsrisiko erhöhen.
  • Bewegungsmangel: Körperliche Inaktivität ist ein weiterer Risikofaktor für Krebs. Regelmässige Bewegung kann hingegen das Risiko senken. Das Deutsche Krebsforschungszentrum bezieht sich dabei auf mehrere Studien, laut denen das Krebsrisiko durch regelmässige Bewegung gesenkt werden kann. Dies gilt insbesondere für Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom), wobei der schützende Effekt bei Männern ausgeprägter zu sein scheint als bei Frauen. Auch das Risiko für Brust- und Gebärmutterkrebs (Endometriumkrebs) kann durch regelmässige Bewegung verringert werden. Bei Lungenkrebs ist der Zusammenhang noch nicht vollständig geklärt. Für andere Krebsarten konnte bisher noch kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Bewegung und Krebsrisiko festgestellt werden.
  • Sonnenexposition: Übermässige Sonnenexposition ohne ausreichenden Sonnenschutz kann weissen und schwarzen Hautkrebs (malignes Melanom) verursachen. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist die Sonnenexposition bei der Arbeit im Freien ein Risikofaktor für nicht-melanozytären Hautkrebs (NMSC). Die Studie ergab, dass fast ein Drittel der Todesfälle durch diese Hautkrebsart auf die Berufstätigkeit im Freien zurückzuführen ist.

2. Externe umweltbezogene Risikofaktoren:

  • Infektionen: Chronische Infektionen mit bestimmten Viren und Bakterien können das Risiko für verschiedene Krebsarten erhöhen. Dazu gehören Hepatitis B und C, Helicobacter pylori und einige Human Papillomavirus (HPV)-Typen.
  • Schadstoffe am Arbeitsplatz und in der Umwelt: Die Exposition gegenüber bestimmten Schadstoffen am Arbeitsplatz oder in der Umwelt kann das Krebsrisiko erhöhen. Dazu gehören Asbest, Benzol und Radon.
  • Luftverschmutzung: Luftverschmutzung kann das Risiko für Lungenkrebs erhöhen. Laut WHO sind 99 % der Weltbevölkerung von unzureichender Luftqualität betroffen. Die gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung ähneln dabei denen des Rauchens, von Krebs über Schlaganfälle bis hin zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

3. Mit der individuellen Lebensgeschichte zusammenhängende Faktoren:

  • Genetische Faktoren: Genetische Veranlagungen für die Entwicklung einer Krebserkrankung können durch eine angeborene Mutation im Erbgut vererbt werden. In 5 bis 10 % der Fälle tritt Krebs infolge einer erblichen Veranlagung auf.
  • Hormonelle Faktoren: Hormonelle Veränderungen, z.B. durch eine frühe Menarche, eine späte Menopause oder eine Hormonersatztherapie, können das Risiko für bestimmte Krebsarten, wie Brustkrebs und Gebärmutterhalskrebs, erhöhen.
  • Alter: Je älter eine Person wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie an Krebs erkrankt. Tatsächlich ist das Alter der grösste Risikofaktor für Krebs. Mehr als neun von zehn Krebserkrankungen werden bei Menschen ab 50 Jahrendiagnostiziert. Menschen über 75 Jahre machen ca. ein Drittel aller Krebsneuerkrankungen aus.
  • Entzündungen und Autoimmunerkrankungen: Im Laufe der Zeit kann eine chronische Entzündung DNA-Schäden verursachen und zu Krebs führen. Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn haben beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs.
  • Medizinische Behandlungen: Bestimmte medizinische Behandlungen, z.B. eine Chemotherapie oder eine Bestrahlung, können das Risiko für sekundäre Krebserkrankungen erhöhen.

Prävention: So lässt sich das Krebsrisiko reduzieren

Krebs entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel von genetischen und Umweltfaktoren. Während genetische Faktoren nicht beeinflusst werden können, können 30 % der Krebsfälle in der Schweiz durch Prävention vermieden werden:

  • Rund 5 % bis 10 % aller Krebserkrankungen werden durch angeborene Mutationen in der DNA verursacht.
  • Die restlichen Krebserkrankungen entstehen durch krebserzeugende Stoffe (Karzinogene) oder eine Wechselwirkung zwischen genetischer Prädisposition und Karzinogenen.
  • Das individuelle Krebsrisiko kann daher bei gleicher Exposition je nach Person variieren, abhängig von der jeweiligen genetischen Anfälligkeit.

Präventionsmöglichkeiten:

  • Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholmissbrauch, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel
  • Teilnahme an Impfprogrammen (z.B. gegen HPV und Hepatitis B)
  • Screeningprogramme (z.B. für Brust- und Darmkrebs), die zur Krebsvorsorge beitragen können

In der Schweiz bieten einige Kantone Programme zur Früherkennung von Krebs an. Diese Programme fokussieren sich derzeit auf zwei der häufigsten Krebsarten:

  • Brustkrebs: Die Früherkennung von Brustkrebs mittels Mammographie.
  • Dickdarmkrebs: Die Früherkennung von Dickdarmkrebs durch einen Stuhltest und einer Darmspieglung.

Empfehlungen zur Krebsvorsorge

Der Europäische Kodex zur Krebsbekämpfung und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen folgende Massnahmen zur Senkung des Krebsrisikos:

  • Gesunder Lebensstil
  • Schutz vor Exposition von gefährlichen Stoffen am Arbeitsplatz
  • Impfungen (HPV und Hepatitis B)
  • Regelmässige Teilnahme am Krebsscreening
  • Senkung der Radonbelastung in Innenräumen
  • Förderung des Stillens bei Frauen
  • Begrenzte Anwendung von Hormonersatztherapien bei Frauen
  • Vermeidung unnötiger Exposition gegenüber ionisierender Strahlung (z.B. Röntgenuntersuchungen)
  • Reduzierung der Luftbelastung und Luftverschmutzung in Innenräumen und Aussenbereichen