Eierstockkrebs bleibt im Frühstadium häufig unentdeckt und wird oft nur zufällig diagnostiziert. Umso wichtiger ist eine proaktive, gezielte Vorsorge.
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) ist ein bösartiger Tumor und zählt zu den gefährlichsten Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane, da er oft erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert wird. In der Schweiz werden jährlich etwa 600 neue Fälle von Eierstocktumoren registriert.
Die Früherkennung gestaltet sich schwierig, da spezifische Symptome lange Zeit unbemerkt bleiben und es kein etabliertes Screening-Programm gibt. Dies unterstreicht die Bedeutung effektiver Strategien zur Prävention und frühzeitigen Diagnostik.
Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Möglichkeiten zur Eierstockkrebs-Prävention sowie die Rolle der modernen Diagnostik bei der Früherkennung.
Eierstockkrebs: Oft erst spät erkannt
Eierstockkrebs tritt vor allem bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr auf, wobei etwa 90 % der Fälle nach dem Ende der Wechseljahre (Menopause) diagnostiziert werden. In der Schweiz ist er für etwa 3 % aller Krebstodesfälle bei Frauen verantwortlich.
Ein Hauptproblem liegt darin, dass die Symptome unspezifisch sind und Eierstockkrebs häufig erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt wird. Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt daher, auf frühe Warnzeichen zu achten und ungewöhnliche Veränderungen ernst zu nehmen.Dazu gehören unter anderem eine Volumenzunahme am Bauch, Verdauungsbeschwerden, Schmerzen im Unterbauch, Völlegefühl oder häufiges Wasserlassen.
Risikofaktoren für Eierstockkrebs
Die Forschung zeigt, dass mehrere Faktoren das Risiko für die Entwicklung von Eierstockkrebs beeinflussen, wobei genetische Prädisposition und hormonelle Einflüsse eine zentrale Rolle spielen.
Genetische Faktoren
Veränderungen in bestimmten Genen, insbesondere in den BRCA1- und BRCA2-Genen, erhöhen das Risiko signifikant. Frauen mit einer BRCA1-Mutation haben ein Lebenszeitrisiko von bis zu 44 %, während es bei BRCA2-Mutationen zwischen 17 % und 27 % liegt. Dies steht im Gegensatz zum Risiko von etwa 1.1 % bis 1.4 % in der Allgemeinbevölkerung.
Zusätzlich ist das Lynch-Syndrom (eine erblich bedingte Form von Darmkrebs) ein weiterer bedeutender Risikofaktor, der Eierstockkrebsrisiko erhöht. Das Lebenszeitrisiko für Eierstockkres liegt bei etwa 8 %.
Familiärer Brust und Eierstockkrebs sowie Darmkrebs verstärken die Wahrscheinlichkeit, eine erbliche Veranlagung (genetische Prädisposition) zu tragen.
Mehr über die BRCA1/2 Mutationen erfährst du im Podcast:
Langfristige Hormonersatztherapie (HRT)
Studien zeigen, dass eine längere Anwendung der Hormonersatztherapie, insbesondere mit Östrogenpräparaten ohne Gestagenzusatz, das Risiko für Eierstockkrebs erhöhen kann. Das gilt vor allem für Frauen nach den Wechseljahren. Nach 10 Jahren HRT kann sich das Risiko für Eierstockkrebs um bis zu 60 % erhöhen.
Einfluss von Östrogen
Östrogene fördern die Zellteilung im Ovarialepithel, was das Risiko für DNA-Schäden und Mutationen erhöht. Ohne den zyklischen Schutz durch Progesteron (wie während einer Schwangerschaft oder bei der Einnahme hormoneller Verhütungsmittel) kann dieser Effekt das Risiko verstärken.
Späte Menopause oder frühe Menarche
Eine verlängerte Phase der Eisprungaktivität führt zu wiederholten Entzündungsprozessen im Ovarialepithel. Der Eisprung löst entzündliche Prozesse aus, bei denen oxidativer Stress und DNA-Schäden auftreten können. Da Östrogene den Eisprung regulieren, wird vermutet, dass ihre zyklische Freisetzung über viele Jahre das Risiko für Eierstockkrebs erhöht.
Kinderlosigkeit und späte Schwangerschaft
Frauen ohne Kinder oder mit später Familienplanung haben ein leicht erhöhtes Risiko für Eierstockkrebs. Schwangerschaften und Stillzeiten unterbrechen die ovulatorischen Zyklen und verringern damit das Risiko.
Weitere Risikofaktoren
Adipositas wird zunehmend als Risikofaktor für Eierstockkrebs anerkannt. Besonders nach der Menopause führt Übergewicht zu erhöhten Östrogenspiegeln, die das Zellwachstum fördern und das Risiko steigern können.
Weiterhin ist Endometriose mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Subtypen von Eierstockkrebs verbunden, insbesondere für das Endometrioid- und das klarzellige Ovarialkarzinom. Die Mechanismen sind nicht vollständig verstanden, aber chronische Entzündungen und hormonelle Dysbalancen scheinen eine Rolle zu spielen.
Eines der häufigsten Symptome ist eine Zunahme des Bauchumfangs ohne Gewichtszunahme. Mehr erfährt du in diesem Video:
Prävention von Eierstockkrebs
Laut der Deutschen Krebsgesellschaft gibt es derzeit keine standardisierten Früherkennungsprogramme für Eierstockkrebs. Frauen mit genetischen Risiken wird jedoch eine enge Überwachung und ggf. präventive Operationen empfohlen.
Prophylaktische Massnahmen
- Salpingo-Oophorektomie: Die prophylaktische Entfernung von Eileitern und Eierstöcken reduziert das Risiko für Eierstockkrebs bei Hochrisikopatientinnen um bis zu 80 %. Da diese Massnahme die Menopause einleitet, sollte sie individuell mit dem behandelnden Gynäkologen abgestimmt werden – insbesondere unter Berücksichtigung der Familienplanung.
- Salpingektomie als Alternative: Eine gross angelegte Studie in den USA untersucht aktuell die Effektivität der alleinigen Entfernung der Eileiter (Salpingektomie) bei Frauen mit BRCA1-Mutationen. Diese Methode könnte das Krebsrisiko reduzieren, ohne die Funktion der Eierstöcke und damit die Fruchtbarkeit vorzeitig zu beeinträchtigen. Dies ist besonders relevant für Frauen, die noch einen Kinderwunsch haben. Ergebnisse legen nahe, dass viele Eierstockkrebsarten in den Eileitern entstehen und durch diese gezielte Massnahme verhindert werden könnten. Die Studie wird über 20 Jahre hinweg durchgeführt und umfasst genetische Tests sowie Biomarker-Analysen zur besseren Risikoabschätzung.
Genetische Tests und Beratung
Gentests sind ein entscheidender Bestandteil der Prävention für Frauen mit familiärem Risiko. Frauenärzte empfehlen betroffenen Frauen genetische Beratungen und Tests auf BRCA1- und BRCA2-Mutationen. Diese Tests helfen, das individuelle Risiko besser einzuschätzen und präventive Massnahmen zu planen.
Hormonelle Verhütung
Studien zeigen, dass die Einnahme der Antibabypille das Risiko für Eierstockkrebs durch die Unterdrückung des Eisprungs um bis zu 50 % reduzieren kann. Besonders bei Frauen ohne genetisches Hochrisiko kann dies eine effektive präventive Massnahme darstellen
Fertilitätsbewahrung
Für Frauen mit hohem genetischem Risiko, die ihre Fruchtbarkeit erhalten möchten, kann das Einfrieren von Eizellen eine wichtige Option sein, bevor präventive Operationen wie die Salpingo-Oophorektomie durchgeführt werden. So können betroffene Frauen auch nach einem operativen Eingriff die Möglichkeit auf eine Schwangerschaft wahren
Innovative Therapieansätze
Neue Studien zeigen, dass zielgerichtete Therapien wie PARP-Inhibitoren die Prognose bei Frauen mit BRCA-Mutationen erheblich verbessern. Diese Medikamente blockieren die Reparatur von DNA-Schäden in Krebszellen, was deren Wachstum hemmt.
Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt ebenfalls vielversprechende Ergebnisse im Kampf gegen Krebs. Forscher nutzten eine mRNA, um in Tumorzellen die Produktion des Proteins p53 wiederherzustellen. Dieses Protein wirkt als Tumorsuppressor und kann unkontrollierte Zellteilung verhindern oder sogar Krebszellen abtöten. Die mRNA-Therapie erwies sich sowohl im Labor ("in vitro") als auch im Tierversuch an Mäusen mit Metastasen als erfolgreich.
Dieser kombinierte Ansatz aus genetischer Diagnostik, präventiven Massnahmen und innovativen Therapien eröffnet neue Perspektiven, um Eierstockkrebs vorzubeugen und die Überlebensrate zu verbessern.
Früherkennung und diagnostische Herausforderungen
Eierstockkrebs bleibt eine der grössten Herausforderungen in der Gynäkologie und der gynäkologischen Onkologie, da er oft erst entdeckt wird, wenn sich Krebszellen bereits im Bauchraum oder am Bauchfell ausgebreitet haben.
Im Gegensatz zu Brustkrebs oder Gebärmutterhalskrebs gibt es derzeit kein etabliertes Screeningprogramm für Eierstockkrebs. Weder der transvaginale Ultraschall noch der Tumormarker CA-125 haben sich in Studien als effektive Methoden für die frühzeitige Erkennung bewährt. Diese Tests können zwar Hinweise liefern, aber häufig auch falsche positive oder negative Ergebnisse.
- Tumormarker CA-125: Der Marker CA-125 ist in frühen Stadien oft nicht erhöht und kann durch andere gutartige Erkrankungen wie Endometriose oder Entzündungen falsch-positive Ergebnisse liefern. In der Praxis wird er häufig mit anderen diagnostischen Verfahren kombiniert, jedoch reicht dies nicht für eine zuverlässige Früherkennung aus (Leitlinienprogramm Onkologie).
- Transvaginaler Ultraschall: Dies ist die am häufigsten genutzte Methode zur Bildgebung. Ultraschalluntersuchungen ermöglichen eine schnelle Beurteilung der Eierstöcke und umliegender Strukturen. Er kann jedoch gutartige und bösartige Veränderungen oft nicht sicher voneinander unterscheiden, wodurch Fehldiagnosen möglich sind.
- Histologische Diagnostik (Gewebeproben): Bislang kann nur die histopathologische Untersuchung von Gewebe kann eine definitive Diagnose stellen. Dies erfolgt in der Regel erst nach operativer Entfernung des verdächtigen Gewebes.
Mehr über die Früherkennung von Eierstockkrebs erfährst du im Podcast mit Prof. Dr. Dimpfl und Frau Freisel-Schwickardi:
Fortschritte in der Bildgebung
Die Magnetresonanztomographie (MRI bzw. MRT) hat sich zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der Charakterisierung von Ovarialtumoren entwickelt.
Sie liefert hochauflösende Bilder, die eine Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren erleichtern. Zudem ermöglicht ein MRI eine genaue Darstellung von Tumorinfiltrationen im Unterbauch, was die Planung operativer Eingriffe erleichtert.
Ein MRI eignet sich besonders für:
- jüngere Frauen mit Kinderwunsch
- Frauen mit unklarem Befunden im Ultraschall
- Frauen mit hohem genetischem Risiko
Laut einer 2023 veröffentlichten Studie zeichnet sich das MRI durch ihre hohe Sensitivität (ca. 90 %) und Spezifität (über 85 %) aus und ist besonders sinnvoll in der Differenzialdiagnostik bei Frauen mit BRCA-Mutationen oder Lynch-Syndrom.
Integration neuer Technologien
In der Forschung liegt ein starker Fokus auf innovativen Methoden wie der Liquid Biopsy, die zellfreie Tumor-DNA (ctDNA) im Blut analysiert. Dies könnte in Zukunft eine minimal-invasive Möglichkeit zur Früherkennung bieten. Kombiniert mit bildgebenden Verfahren wie MRI könnte dies die diagnostische Genauigkeit und frühzeitige Behandlung von Eierstockkrebs revolutionieren.
Mit der Kombination aus moderner Diagnostik und einer gezielten Risikostratifikation für Hochrisikogruppen gibt es Hoffnung, die Früherkennung und Behandlungsmöglichkeiten langfristig zu verbessern.
Wie hoch ist die Überlebensrate bei Eierstockkrebs?
Die 5-Jahres-Überlebensrate für Eierstockkrebs liegt bei etwa 45 % und verdeutlicht damit die gravierende Herausforderung, die diese Erkrankung darstellt. Zum Vergleich zu anderen Krebsarten: Die 5-Jahres-Überlebensrate für Brustkrebs beträgt rund 90 % und für Darmkrebs je nach Stadium etwa 65-90 %.
Dieser deutliche Unterschied unterstreicht die zentrale Bedeutung der Früherkennung, die jedoch bei Eierstockkrebs aufgrund fehlender effektiver Screening-Methoden besonders schwierig ist.
Die Heilungschancen und das Risiko von Rückfällen hängen stark vom Stadium der Diagnose ab. Bei Frauen mit fortgeschrittenem Eierstockkrebs kommt es trotz anfänglich erfolgreicher Behandlung in 70 % der Fälle zu einem Rückfall (Rezidiv). Im Gegensatz dazu sind die Prognosen in einem frühen Stadium deutlich besser: Das Risiko eines Rezidivs liegt hier bei etwa 20-25 %. Dennoch bleiben diese Zahlen eine Herausforderung, da die meisten Rezidive innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Erstbehandlung auftreten. Dies macht eine engmaschige Nachsorge und die Entwicklung neuer Therapieansätze umso wichtiger.
Eierstockkrebs im Frühstadium ist ein Zufallsbefund
Eierstockkrebs bleibt eine der grössten Herausforderungen in der gynäkologischen Onkologie. Da aktuell kein standardisiertes Screening-Programm existiert und die Symptome anfangs unspezifisch sind, wird die Erkrankung wird oft erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert. Trotz intensiver Forschung zur Früherkennung und Prävention gibt es bislang keine effektiven Screening-Methoden. Die genetische Prädisposition, insbesondere Mutationen in den BRCA-Genen, spielt eine zentrale Rolle, und neue Therapieansätze wie PARP-Inhibitoren haben die Behandlungsperspektiven bei betroffenen Frauen verbessert.
Die Integration innovativer Technologien, wie der Magnetresonanztomographie (MRI) und möglicherweise die Liquid Biopsy, bieten neue Hoffnung, die Früherkennung und Behandlung von Eierstockkrebs zu revolutionieren. Langfristig könnten diese Fortschritte dazu beitragen, die Überlebensrate und Lebensqualität von betroffenen Frauen zu verbessern.
Du möchtest dein individuelles Risiko für Eierstockkrebs kennen? Ein Ganzkörper MRI in Kombination mit einer umfassenden Blutanalyse schafft Klarheit.